Die Waleinladung - der Mondtraum
Die Sonne ist gerade aufgegangen. Die Vögel zwitschern ganz wild. Etwas scharrt am Fenster, Flügel schlagen. Lauter und lauter wird das Gurren. Der kleine Ameisenbär wacht auf. Schlaftrunken blickt er zum Fenster: Es ist die Brieftaube! Der kleine Ameisenbär stürzt zum Fenster, öffnet es hastig und begrüßt freudig die hereinflatternde Freundin. „Spannende Nachrichten?“ - „Oh, ja!“, antwortet die Taube. Sie lässt sich auf der Sessellehne nieder. Der kleine Ameisenbär öffnet begeistert die kleine Brieftasche, die die Taube um ihren Hals trägt, und nimmt einen zusammengefalteten Zettel heraus. „Der kommt von weit her - so wie ich“, gurrt die Taube stolz. „Sag gar...“, murmelt der Ameisenbär, „er ist vom - “– „Chef der Buckelwale, genau so ist es“, antwortet die Taube. „Er lädt euch ein...“, „Ja, ja ich sehe es!“ - ruft der Ameisenbär begeistert und liest laut vor: „Hallo lieber Ameisenbär, hallo Freunde, es ist höchst an der Zeit, dass wir uns wieder sehen. Da für uns die Reise zu euch in die Savanne schwer möglich ist, kommt ihr doch lieber uns besuchen. Talla ist auch schon ganz verrückt danach, wieder mit euch zu trommeln. Zum Wasserloch ist es für euch ja kein Problem - eine Tagesreise mit der Elefantenherde, das habt ihr ja schon oft gemacht. Und von dort - für die zweite Etappe bis zu unserem Meer haben wir euch die zwei Kamelbrüder organisiert. Hoffe, ihr könnt sobald wie möglich aufbrechen - bis bald und alles Liebe, euer Buckelwalchef“. „Ok“, sagt der Ameisenbär entschlossen, „wir schreiben sofort eine Nachricht an unsere Freunde und eine an die Wale, dass wir morgen aufbrechen“. Er schreibt schnell ein paar Zeilen und steckt die Briefe wieder zurück in die Tasche der Taube. „Sei bitte so lieb, und flieg auf deiner Runde zuerst zu meinen Freunden, und sag ihnen sie sollen morgen ganz früh hierherkommen, dann brechen wir auf.“ „Aber wer soll eigentlich mit?“ fragt die Taube. Der kleine Ameisenbär zählt geduldig auf: „Die Ameise, das lachende Nilpferd, klar, die kleine Giraffe - “ „Giraffel, Giraffel, Giraffel“, lacht die Taube und ahmt die Geräusche der kleinen Giraffe beim Laufen nach. So ist es, meint der Ameisenbär und zählt dann noch das kleine Nashorn, Wiesel und Streifenhörnchen sowie Kolibri und Paradiesvogel als Reisebegleiter auf. „Und was ist mit dem kleinen Elefanten?“, fragt die Breiftaube nach. „Oh, natürlich!“, ruft der Ameisenbär erschrocken, „und wenn du ihn siehst, ersuche bitte gleich den Elefantenchef und seinen Bruder uns morgen früh abzuholen.“ „Und dann verständige ich die Wale und den Talla, ok?“ Der Ameisenbär nickt, bedankt sich bei der Taube, die bereits vom Sessel gestartet und dabei ist, aus dem Fenster zu fliegen. „Und du bist natürlich auch dabei“, ruft er ihr nach. Dann beginnt er sofort seinen Rucksack für die Reise zu packen, laut kramt er im Zimmer herum, er packt ein: Kappe, Trinkflasche, Sonnenbrille, Sweater, zweites T-Shirt, Schlafsack, Zelt, eine Taschenlampe. „Aber wo bitte ist denn eigentlich meine schöne orange Badehose?“, ruft er laut . „Such` ma die!“, schreit Max voll Begeisterung, als der Vater vom Ameisenbär zur Tür hereinschaut. Er hilft ihm bei der Suche. Der Kasten wird ausgeräumt, Laden werden durchwühlt, sogar die Schmutzwäschekiste ausgeleert. Keine Spur von der Badehose. „Wo kann die sein...?“, grübelt der Ameisenbär. „Wann hast du sie denn zuletzt angehabt?“, will der Papa wissen. Der kleine Ameisenbär antwortet nicht, denn es ist ihm etwas eingefallen: Da war doch dieses lustige Tiere-Verkleiden-Spiel mit dem lachenden Nilpferd letze Woche, wo alle seine Insektenkuscheltiere auch mit seinen Gewändern ausstaffiert wurden. Sofort kontrolliert er seine Tiere: Der Ohrenschlüpfer, nein, die Gottesanbeterin, nein, großer grüner Käfer, Hornisse, Termite und Regenwurm, nein, alle sind bereits längst wieder ohne Gewand. Doch da blitzt ein kleine oranges Fleckerl unter der Decke hervor. Der Ameisenbär reißt sie weg - und da ist sie, die Lieblingsbadehose: Die Assel hat sie noch immer an! „Na, das ist dir jetzt aber gut eingefallen“, meint anerkennend der Papa Ameisenbär. „Gut, dann hast du ja jetzt alles beisammen. Bis auf den Proviant, den bekommst du von Mama in der Küche: 2 Eierspeisbrote, einen Apfel, Datteln und Mannerschnitten, sowie eine Flasche Apfelsaft.“
Mittlerweile - nach nahrhaftem Frühstück, köstlichem Mittagessen und feinem Fotoanschauen mit seinem Papa am Nachmittag - ist es spät geworden, der kleine Ameisenbär wird heute früh zu Bett gehen, um fit für die anstrengende Reise morgen zu sein. Er trinkt noch Kakao, isst ein paar Buttertoasts und legt sich nach einer Schnellwäsche in sein herrliches Blätterbett. „Aber einen Traum erzählen!“, ruft Max laut.
„Gut“, sagt der Papa Ameisenbär, „ich werde dir einen erzählen: Ich hab` geträumt, ich bin mal wieder auf dem Mond, und treffe dort meinen Freund, den großen Bären. Wir haben unsere Helme auf und sind einkaufen, weil es in unserem Raumschiff nichts mehr zu essen gibt. Bald kommen wir zum ersten Mondstand - da gibt es köstlich dampfende Speisen. ,Was ist denn das?‘ fragen wir den Mondmann-Verkäufer, der klarerweise nichts versteht und in seiner Sprache antwortet: ,Hoiagaragaaga- habatutam!‘ Zum Glück sehen wir einen Übersetzungsknopf über uns und schon hören wir: ,Drücke übersetze.' Wir drücken und schon stellen wir unsere Frage in Mondsprache: ,Hai da mombo gar?' Und hören sogleich die Antwort in unserer Sprache: ,Faschierte Laibchen vom Mondkalb.' ,Ah, da nehmen wir welche', sagt der große Bär, ,was kosten denn die?' ,garamba bamba namba?'Zwei Lieder jeder, ist die Antwort.Ok, das war leicht getan", erzählt der Ameisenbärpapa weiter, „der Bär hat Such a night und Hänsel und Gretel gesungen, und ich hab schnell Yellow Submarine und Raindrops keep falling on my head zum Besten gegeben. Der Verkäufer war zufrieden, und wir sind mit unserem Fleisch und einem kleinen merkwürdigen Fläschchen, das angeblich gaaanz wichtig sein sollte, zurück ins Raumschiff gegangen. Dort haben wir sofort die Sachen verschlungen, weil wir so hungrig waren und sie waren auch echt köstlich. Aber dann schau ich plötzlich den großen Bären an und er bekommt so merkwürdige grüne Beulen und dann verwandelt sich seinen brauner Pelz in eine knallgelbe Haut, wie von einem Leguan und sein Kopf wird ganz klein wie von einer Maus. Und ich muß total lachen, aber da sagt der Bär - in Mondsprache, die ich aber plötzlich problemlos verstehe - ich soll mich doch selber anschauen - und tatsächlich bin auch ich zu einem sonderbaren Mondmann geworden. Doch zum Glück haben wir ja dieses kleine Fläschchen mitbekommen und geistegegenwärtig nehmen wir jetzt beide einen Schluck und - puff! sind wir wieder die alten. Und dann bin ich aufgewacht.“ „So ein feiner Traum“, murmelt der kleine Ameisenbär müde, „ich mag die Mondträume.“ „Und ich möchte heute vom Dattelmond träumen“, wirft Max, ebenfalls gähnend, ein. Der kleine Ameisenbär bekommt noch ein Gutenachtbussi von seinem Papa, kuschelt sich in sein Blätterbett und schläft zufrieden ein.
Endlicher für (und mit) Max, immerwährende Gute-Nacht-Geschichte in Fortsetzungen, erstmals erzählt Anfang 1999; seit etwa 2004 auch für (und mit) Felix